16. Juli 2007
Katja Kipping
DIE LINKE muss sich bei der Erarbeitung ihres ersten Parteiprogramms offen zeigen für Konzepte eines bedingungslosen Grundeinkommens (BGE) und die gesellschaftliche Debatte darüber anregen. Das fordert die am Wochenende in Berlin neu konstituierte Bundesarbeitsgemeinschaft Grundeinkommen in und bei der Partei DIE LINKE. "Wir wollen Hartz IV abschaffen, aber die Losung allein reicht nicht. Im Programm müssen wir Aussagen treffen, wie wir diese Abschaffung erreichen wollen. Wenn wir davon ausgehen, dass das Lebensrecht eines jeden Menschen unveräußerlich ist, dürfen Zahlungen zum Lebensunterhalt nicht an Wohlverhalten, wie ständig dem Arbeitsmarkt zur Verfügung zu stehen, geknüpft werden", so die stellvertretende Parteivorsitzende Katja Kipping, selbst Mitglied der BAG.
In den sozialen Bewegungen ist die Forderung nach einem bedingungslosen Grundeinkommen weit verbreitet, jedoch finden in der Bevölkerung auch Modelle neoliberaler Ausrichtung wie das vom Thüringer CDU-Ministerpräsidenten Dieter Althaus propagierte Bürgergeld immer mehr Zuspruch. DIE LINKE sollte sich deshalb mit einem explizit linken Konzept an der Debatte beteiligen, damit die Deutungshoheit über das bedingungslose Grundeinkommen nicht von neoliberalem Zeitgeist geprägt wird. "Nichts kann so konsequent Hartz IV überwinden wie ein das soziokulturelle Existenzminimum sicherndes, individuell gezahltes, nicht mit Arbeitszwang verbundenes bedingungsloses Grundeinkommen", so Ann-Christin Schomburg, neben Stefan Wolf Sprecherin der BAG. In der einstimmig verabschiedeten Gründungserklärung der BAG heißt es: "Wenn wir weiterhin den Menschen vertrauen, dass die meisten von ihnen sinnvoller Tätigkeit nachgehen wollen und werden, auch wenn ihre materielle Existenz gesichert ist, wenn wir auch anerkennen, dass diejenigen, die einer Erwerbsarbeit nachgehen, netto mehr in der Tasche haben sollen, als die, die das nicht tun, wenn wir wiederum die Arbeitsbürokratie und die mit ihr verbundene Verfolgungsbetreuung zurückdrängen wollen, dann landen wir zwangsläufig bei einer Leistung, die allen Menschen zustehen muss: dem Bedingungslosen Grundeinkommen. Wie dies konkret ausgestaltet werden kann, darüber müssen wir reden."
http://www.die-linke.de/presse/presseerklaerungen/detail/artikel/hartz-iv-abschaffen-grundeinkommen-einfuehren/
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Einkommen ohne Arbeitspflicht von Werner Rätz - Mitglied im bundesweiten Koordinierungskreis von Attac Deutschland
Ein umfassendes Investitionsprogramm, Stärkung der Binnennachfrage, bessere Vermittlung, weit gehende Arbeitszeitverkürzungen und andere Maßnahmen, die zur Verringerung der Arbeitslosigkeit gefordert werden, können alle sinnvoll sein. Dennoch verkennen alle diese auf Wirtschaftswachstum zielenden Überlegungen das Ausmaß des Problems. Das Fehlen von Erwerbsarbeitsplätzen liegt natürlich auch an einer falschen Politik. Aber eben nicht nur.
Vielmehr haben wir es seit langem mit einer Entwicklung der Produktivität zu tun, die neue Qualität annimmt. Immer weniger Arbeitszeit wird gebraucht, um gleich viel Produkt herzustellen. Die Entwicklung der Elektronik verstärkt diesen Effekt: Immer mehr Produktionswissen, Erfahrung, gesellschaftlich aufgebrachte Entwicklungsleistung ist in den Produkten, Verfahrenstechniken und Arbeitsabläufen gespeichert, die in die aktuelle Produktion eingehen. So kann manch verbessertes Produkt mehr Arbeit ersetzen, als zu seiner Herstellung benötigt wird.
Würden Menschen dadurch nicht – leider allzu oft dauerhaft – aus dem Arbeitsprozess heraus geworfen, wäre diese Rationalisierung nicht einmal immer schlimm. Es gibt so viele gefährliche, schwere, schädliche, auch unsinnige Arbeiten, von denen es so gesehen keineswegs bedauerlich wäre, wenn sie von Maschinen oder gar nicht mehr gemacht würden. Und gleichzeitig gibt es so viele gesellschaftlich nützliche, spannende oder einfach nur schöne Tätigkeiten, denen Menschen nachgehen könnten und möchten. Nur bezahlt sie niemand dafür.
Aber genau hier liegt die Lösung und nicht das Problem. Menschen wollen in herkömmliche Erwerbsarbeit, können das aber nicht, weil sie dort nicht gebraucht werden. Gleichzeitig wollen andere raus aus ihren ungeliebten Jobs und anderswo tätig sein, können das aber nicht, weil sie kein Einkommen haben, von dem sie leben können. Viele möchten lernen, sich stärker sozial engagieren oder sich ganz neu orientieren.
Wir leisten uns einen großen Aufwand an Geld, Bürokratie und politischer Missstimmung, nur um die Illusion aufrecht zu erhalten, jede und jeder könne und müsse einer Erwerbsarbeit nachgehen. Einfacher wäre es, allen ein Grundeinkommen zu geben und darauf zu setzen, dass Neugier, Gestaltungswille und Kreativität Menschen ohnehin zur Tätigkeit drängen würden.
http://www.attac.de/genug-fuer-alle/neu/pages/downloadstexte.php
Hartz IV abschaffen: Grundeinkommen einführen!
http://www.die-linke-bag-grundeinkommen.de
Aus: SOGA-NEWSLETTER Nr. 5 - 29. Woche 2007
http://freepage.twoday.net/search?q=Grundeinkommen
http://freepage.twoday.net/search?q=Verfolgungsbetreuung