Peter Hartz ist weg, Hartz IV muss weg

15. August 2007

Vor fünf Jahren übergab die Hartz-Kommission ihre Vorschläge an den damaligen Bundeskanzler Schröder. Zum Jahrestag erklärt der Bundesgeschäftsführer der Partei DIE LINKE, Dietmar Bartsch:

Am 16. August zelebrierte Gerhard Schröder mit einer glanzvollen Inszenierung auf dem Gendarmenmarkt die Übergabe der Ergebnisse der Kommission "Moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt", der "Hartz-Kommission". Er versprach 2 Millionen Arbeitslose weniger binnen kürzester Zeit und die "Eins-zu-Eins-Umsetzung", sollte er wieder Bundeskanzler werden. Die Wirkung der "Reformen" war genau gegenteilig. Wird ein Zusammenhang der aktuellen wirtschaftlichen Lage mit den Hartz-Reformen hergestellt, erdrückt in der Bewertung zurecht das "trotz" das "wegen". Die Ergebnisse der Hartz-Reformen sehen aus der Sicht der arbeitenden und arbeitslosen Bürgerinnen und Bürger alles andere als erfolgreich und glanzvoll aus:

Kein besserer Zugang zum Arbeitsmarkt für Arbeitslose – stattdessen mehr Kontrollen der persönlichen Lebensverhältnisse und höherer Druck zu prekärer Billigarbeit, zu Arbeit ohne Arbeitsvertrag wie in Ein-Euro-Jobs. Kein besserer sozialer Rückhalt für die persönliche Lebensplanung von Arbeitnehmerinnnen und Arbeitnehmern unter den Bedingungen der Globalisierung der Kapital- und Arbeitsmärkte und der Flexibilisierung der Arbeitzeiten und Arbeitsbedingungen. Keine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie, von Job und Weiterbildung, von Unterstützung und Fähigkeiten – stattdessen eine beschleunigte Aussortierung ins Heer der langzeitarbeitslosen HARTZ IV-Beziehenden bei rasantem Verlust aller über Beitragszahlungen erworbenen Sicherheiten eines Arbeitnehmerlebens. Keine besseren Dienstleistungen für Arbeitslose, keine besseren Ideen, wie die massenhafte Suche nach sinnvoller, bezahlter Arbeit mit den brachliegenden öffentlichen Aufgaben und wachsenden neuen Bedürfnissen nach personennahen Dienstleistungen zusammengebracht werden können – stattdessen Herabwürdigung von Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen zu schikanierten Almosenempfängern, die froh sein sollen, wenn sie zu Ein-Euro-Jobs herangezogen werden.

Mit den Hartz-Reformen hat die regierende Sozialdemokratie bewiesen: "Modernisierung" hat unter ihrer Regierungshoheit nichts mehr mit gesellschaftlichem Fortschritt und besseren Lebensverhältnissen für die Mehrheit der Bevölkerung zu tun. Die Agenda 2010-Politik hat mit dem sozialstaatlichen Versprechen gebrochen, dass auf den Sozialstaat Verlass ist, wenn er gebraucht wird. Mit der Agenda 2010 im Allgemeinen und den Hartz-Reformen im Besonderen hat die Sozialdemokratie den Anspruch aufgegeben, die sozialen Verhältnisse unter den neuen, schwierigen Bedingungen im Interesse aller, zumindest einer übergroßen Mehrheit der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gestalten zu wollen. Stattdessen hat sie ihre Lebensbedingungen den Rendite-Erwartungen der global agierenden Wirtschaftsriesen und Finanzmarktjongleuren ausgeliefert. Mit den Hartz-Reformen, insbesondere Hartz IV, hat die SPD in Kumpanei mit den Grünen ihre Rolle als Schutzmacht der "kleinen Leute" preisgegeben. Sie ist eingeschwenkt auf eine politische Linie, deren Ergebnisse heute zu besichtigen sind: Im anhaltenden Wirtschaftsaufschwung wachsen Leiharbeit, befristete Arbeit und generell Arbeit in schlecht bezahlten, unsicheren Bedingungen, unter denen eine Lebensplanung nicht mehr möglich ist, sondern fast täglich Unsicherheit herrscht, was morgen kommen wird. Im anhaltenden Wirtschaftsaufschwung wachsen Armut und Reichtum gleichzeitig, die soziale Spaltung wird größer. Beides ist das Gegenteil von guter, sozial gerechter Politik.

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