Handy kontra Landschaft
Ortsbeirat: Das Ober-Hambacher Funkloch und die Folgen – Mobilfunkstation soll am Billackerweg errichtet werden
HAMBACH. Weil die Odenwaldschule (OSO) schon vor längerem damit geliebäugelt hatte, künftig auch im als Funkloch bekannten Ober-Hambach Ferngespräche per Handy ausführen zu können, steckt der kleine Heppenheimer Stadtteil in einem mittelschweren Dilemma.
Das Ansinnen der Schulleitung rief die in Frankfurt ansässige Deutsche Funkturm GmbH auf den Plan, die flugs Mitarbeiter in Bewegung setzte, um vor Ort Standortmöglichkeiten zur Errichtung einer Mobilfunkstation auszuloten.
Die Techniker mussten zunächst schlechte Erfahrungen machen, blitzten bei mehreren Grundstückseignern ab – um dann aber doch noch fündig zu werden. Ein Vertrag mit dem Privatmann war schnell geschlossen.
Wenn nicht noch ein Wunder geschieht, dann wird demnächst am Billackerweg ein zehn Meter hoher Funkmast und zu seinen Füßen ein reichlich klotziger Container anzutreffen sein. Garniert werden soll die Station mit einer Umzäunung, die sich mit ihren Ausmaßen von zehn auf zehn Metern nicht eben bescheiden ausnehmen wird – übrigens gut einsichtbar für Anwohner und Wanderer. Eine Zierde für das romantisch gelegene Tal wird die Station ganz gewiss nicht sein.
Schon beim bloßen Gedanken daran stellen sich Hambachs Ortsvorsteherin Renate Netzer (SPD) die Nackenhaare. Der Billackerweg, so ihr Empfinden, sei schließlich die „landschaftlich schönste Stelle in unserem Ober-Hambach“.
Dass Mast, Container und Zaun in die Gegend passen werden wie die sprichwörtliche Faust aufs Auge, darüber herrscht auch im Ortsbeirat Konsens. Ändern daran wird er nach Lage der Dinge allerdings nichts können. Selbst Magistrat und Stadtverordnetenversammlung sind die Hände gebunden. Bürgermeister Gerhard Herbert (SPD) erklärte bei einer Sitzung, zu der Hambachs Ortsbeiräte am Donnerstag im Gerätehaus zusammengetroffen waren, über die juristische Seite auf. Hier handele es sich, sagte der Verwaltungschef, um eine rein privatrechtliche Angelegenheit: „Und Vertrag ist Vertrag.“
Ganz abgesehen davon, fuhr Herbert weiter, unterliege die Errichtung von Mobilfunkstationen keinen baugenehmigungspflichtigen Bestimmungen. In der Tat: Einspruch könnte allenfalls noch die Untere Naturschutzbehörde einlegen, bevor das Kreisbauamt abschließend entscheidet.
Gemessen an ähnlich gelagerten Fällen in vielen anderen Landkreisen, muss davon ausgegangen werden, dass sich die Genehmigungsbehörde Zurückhaltung auferlegen wird – dies auch deshalb, weil der Gesetzgeber den Bau von Sendeanlagen sogar ausdrücklich als „privilegiert“ einstuft.
Gegen den technologischen Fortschritt, zu dem das Handy gehört, hat der Landschaftsschutz schlechte Karten – die übrigens bald überhaupt nicht mehr ziehen, wenn die von der hessischen Landesregierung eingeleitete Novellierung des Naturschutzes Realität wird.
Woran angesichts der Mehrheitsverhältnisse niemand mehr ernsthaft zweifelt.
Renate Netzer und „ihre“ Ortsbeiräte geben der Faktenlage zum Trotz den Kampf noch nicht ganz auf. Dem Vorwurf, technikfeindlich zu sein, wollen sie sich dabei nicht aussetzen. „Vielleicht aber“, so Netzers stille Hoffnung, „lässt sich die Deutsche Funkturm GmbH doch noch überzeugen und baut ihre Station an einer anderen Stelle auf“. Ein gemeinsamer Besichtigungstermin ist bereits vereinbart. Im persönlichen Gespräch habe sie die Erfahrung gemacht, dass es sich „um recht nette Leute handelt“.
Ganz so einfach wird die Sache trotzdem nicht sein. Ausstrahlung und Empfang von Funkwellen sind topografischen Gesetzesmäßigkeiten unterworfen. Ein Alternativstandort müsste mindestens ebenso gute Voraussetzungen wie der Billackerweg mitbringen.
Inzwischen verschaffen sich in der Odenwaldschule, dem eigentlichen Auslöser, immer mehr Stimmen Gehör, die den Antrag am liebsten wieder rückgängig machen würden. Offenbar hat die Vorstellung von Schülerscharen, die fortwährend mit dem Handy am Ohr durchs Gelände streichen, zum Umdenken beigetragen – dies vermutlich ganz im Sinne von Paul Geheeb, der die OSO anno 1910 nicht umsonst im abgeschiedenen Ober-Hambach hat bauen lassen.
Fritz Kuhn
9.9.2006
http://www.echo-online.de/kundenservice/a_detail.php3?id=397247
HAMBACH. Weil die Odenwaldschule (OSO) schon vor längerem damit geliebäugelt hatte, künftig auch im als Funkloch bekannten Ober-Hambach Ferngespräche per Handy ausführen zu können, steckt der kleine Heppenheimer Stadtteil in einem mittelschweren Dilemma.
Das Ansinnen der Schulleitung rief die in Frankfurt ansässige Deutsche Funkturm GmbH auf den Plan, die flugs Mitarbeiter in Bewegung setzte, um vor Ort Standortmöglichkeiten zur Errichtung einer Mobilfunkstation auszuloten.
Die Techniker mussten zunächst schlechte Erfahrungen machen, blitzten bei mehreren Grundstückseignern ab – um dann aber doch noch fündig zu werden. Ein Vertrag mit dem Privatmann war schnell geschlossen.
Wenn nicht noch ein Wunder geschieht, dann wird demnächst am Billackerweg ein zehn Meter hoher Funkmast und zu seinen Füßen ein reichlich klotziger Container anzutreffen sein. Garniert werden soll die Station mit einer Umzäunung, die sich mit ihren Ausmaßen von zehn auf zehn Metern nicht eben bescheiden ausnehmen wird – übrigens gut einsichtbar für Anwohner und Wanderer. Eine Zierde für das romantisch gelegene Tal wird die Station ganz gewiss nicht sein.
Schon beim bloßen Gedanken daran stellen sich Hambachs Ortsvorsteherin Renate Netzer (SPD) die Nackenhaare. Der Billackerweg, so ihr Empfinden, sei schließlich die „landschaftlich schönste Stelle in unserem Ober-Hambach“.
Dass Mast, Container und Zaun in die Gegend passen werden wie die sprichwörtliche Faust aufs Auge, darüber herrscht auch im Ortsbeirat Konsens. Ändern daran wird er nach Lage der Dinge allerdings nichts können. Selbst Magistrat und Stadtverordnetenversammlung sind die Hände gebunden. Bürgermeister Gerhard Herbert (SPD) erklärte bei einer Sitzung, zu der Hambachs Ortsbeiräte am Donnerstag im Gerätehaus zusammengetroffen waren, über die juristische Seite auf. Hier handele es sich, sagte der Verwaltungschef, um eine rein privatrechtliche Angelegenheit: „Und Vertrag ist Vertrag.“
Ganz abgesehen davon, fuhr Herbert weiter, unterliege die Errichtung von Mobilfunkstationen keinen baugenehmigungspflichtigen Bestimmungen. In der Tat: Einspruch könnte allenfalls noch die Untere Naturschutzbehörde einlegen, bevor das Kreisbauamt abschließend entscheidet.
Gemessen an ähnlich gelagerten Fällen in vielen anderen Landkreisen, muss davon ausgegangen werden, dass sich die Genehmigungsbehörde Zurückhaltung auferlegen wird – dies auch deshalb, weil der Gesetzgeber den Bau von Sendeanlagen sogar ausdrücklich als „privilegiert“ einstuft.
Gegen den technologischen Fortschritt, zu dem das Handy gehört, hat der Landschaftsschutz schlechte Karten – die übrigens bald überhaupt nicht mehr ziehen, wenn die von der hessischen Landesregierung eingeleitete Novellierung des Naturschutzes Realität wird.
Woran angesichts der Mehrheitsverhältnisse niemand mehr ernsthaft zweifelt.
Renate Netzer und „ihre“ Ortsbeiräte geben der Faktenlage zum Trotz den Kampf noch nicht ganz auf. Dem Vorwurf, technikfeindlich zu sein, wollen sie sich dabei nicht aussetzen. „Vielleicht aber“, so Netzers stille Hoffnung, „lässt sich die Deutsche Funkturm GmbH doch noch überzeugen und baut ihre Station an einer anderen Stelle auf“. Ein gemeinsamer Besichtigungstermin ist bereits vereinbart. Im persönlichen Gespräch habe sie die Erfahrung gemacht, dass es sich „um recht nette Leute handelt“.
Ganz so einfach wird die Sache trotzdem nicht sein. Ausstrahlung und Empfang von Funkwellen sind topografischen Gesetzesmäßigkeiten unterworfen. Ein Alternativstandort müsste mindestens ebenso gute Voraussetzungen wie der Billackerweg mitbringen.
Inzwischen verschaffen sich in der Odenwaldschule, dem eigentlichen Auslöser, immer mehr Stimmen Gehör, die den Antrag am liebsten wieder rückgängig machen würden. Offenbar hat die Vorstellung von Schülerscharen, die fortwährend mit dem Handy am Ohr durchs Gelände streichen, zum Umdenken beigetragen – dies vermutlich ganz im Sinne von Paul Geheeb, der die OSO anno 1910 nicht umsonst im abgeschiedenen Ober-Hambach hat bauen lassen.
Fritz Kuhn
9.9.2006
http://www.echo-online.de/kundenservice/a_detail.php3?id=397247
rudkla - 9. Sep, 10:13